Über viele Jahrhunderte war das Sujet „Vater, Mutter, Kind“ in der Kunstgeschichte an die Darstellung von Josef, Maria und Jesus gekoppelt. In idyllischer Vertrautheit und sozusagen in Sonntagskleidung wurde dieses Beziehungsgefüge inszeniert. Das Gemälde, das wir im Lentos im Rahmen der Ausstellung Wilde Kindheit (2021) sahen, stammt aus diesem Jahrhundert. Die Kärntner Künstlerin, sie lebte bis 2014, gab ihm den Titel „Obsorge“. Das Machtgerangel in der 3er-Kleinfamilie, das in den meisten Fällen subtiler abläuft, in Worten und Gesten, Handlungen und Zuschreibungen, wird von ihr unmittelbar, frontal und handgreiflich ins Bild gesetzt. Das hat uns beeindruckt. Das Kind ist zwar der Mittelpunkt, nicht aber sein Wohl. Wenn sich zwei streiten, freut sich auch der Dritte nicht. Wer bringt die Frage nach der familiären Machtverteilung derart präzise auf den Punkt?